
Es ist nach wie vor ungeklärt, ob diese Band nun nach Islands trostlosestem Ort, Reykjavíks gräulich deprimierendem Bus-Terminal BSÍ, benannt ist, oder doch bloßals Abkürzung für ‚Brussels Sprouts Intl.‘ steht. Mit Sicherheit festzustellen ist jedoch, dass das Duo um Silla Thorarensen (Schlagzeug & Gesang) & Julius Pollux Rothlaender (Bass & Zehen-Keyboard) eine der unkonventionellsten Bands ist, die dieser Tage aus Islands blühender DIY/DIT (=do-it-together) Szene emporschießen.
Neben Auftritten auf den digitalen Ausgaben vom Iceland Airwaves und dem Eurosonic Festival in Groningen, haben BSÍ das Jahr der Pandemie dafür genutzt ihr Debutalbum zu schreiben und aufzunehmen – ein höchst originelles Konzept mit zwei so grundverschiedenen Album-Hälften, dass es ebensogut als Zwillings-EP betitelt werden könnte: ‚Sometimes depressed … but always antifascist‘, fünf leise Songs Liebeskummer und Melancholie, fünf Songs riot grrrl lo-fi-cute-punk. Mit „25Lue“ und ‚Dónakallalagið‘ veröffentlichen BSÍ nun vorab die ersten beiden Songs und stellen die zwei verschiedenen Seiten ihres Debutalbums vor.
Sometimes depressed …
Das leise ’25Lue‘ ist das Schlussstück der melancholischen Hälfte des Albums. Oldschool Synths und Verträumtheit in lo-fi Gewand, zu gleichen Teilen Liebeskummer und Aussöhnung, dazu ein Schuss hoffnungsvolle Erwartung des nächsten Sommers.
…but always antifascist
Demgegenüber steht energetisch und angestachelt der Song ‚Dónakallalagið‘ von der ‚…but always antifascist‘-Hälfte des Albums. Silla Thorarensens isländischer Text schreit gegen das Phänomen ‚Dónakall‘ an. Dieses Wort ließe sich wohl am ehesten mit ‚unhöflicher Kerl‘ übersetzen und ist ein feststehender isländischer Begriff für einen bestimmten Typus rüpelhafter, sexuell übergriffiger, weißer hetero-cis-Männer, die auch auf der kleinen Insel im Nordatlantik für allzu viele Jahre allzu viel Platz eingenommen haben, Grenzen von Frauen überschritten haben – und mit diesem Song nun endlich ihre längst überfällige musikalische Absage erteilt und ein großzügiges Grab geschaufelt bekommen.
„Sometimes depressed … but always antifascist“ erscheint 21. Mai 2021 bei Tomatenplatten
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