Die Quittung

US-Wahl

Es ist tatsächlich passiert. Die Amerikaner haben Donald Trump gewählt. Den Sexisten, Rassisten und unkultivierten Pöbler. Unfassbar – denken viele hierzulande und schauen geschockt über den großen Teich, was die Amis da zusammengewählt haben. Doch überraschend kam Trumps Sieg beileibe nicht.

Ich hatte 2008 und 2012, also jeweils bei den letzten beiden Wahlen, die glückliche Gelegenheit für längere Zeit in den USA zu verbringen. 2008 für ein halbes Jahr, 2012 für fünf Wochen auf dem Weg zum besten Punkfestival der Welt: „The FEST“.

Beide Male habe ich die Wahlkämpfe aufgesogen, wo ich nur konnte. Hab Radio gehört, Polit-Talkshows geschaut und viel über die Stimmung im Land gelernt. Und im Endeffekt ist Trump nun die Quittung für genau das, was schon damals begann.

Hass auf allen Kanälen

Trump ist ein Produkt. Das Produkt einer Medienlandschaft, die hetzt, pöbelt und niedermacht. Wo es nicht um Aufklärung, sondern um Quote geht. Nicht um Information, sondern um Propaganda. An vorderster Front: Die Anchormen von Fox News. Sean Hannity, Bill O’Reilly und – damals noch – Glenn Beck beliefern täglich ein Millionenpublikum mit Wahrheiten und einseitigen Nachrichten. Sie sind mehr als nur News-Moderatoren. Sie sind Getriebene.

2008 rührten sie mit aller Kraft gegen Obama und versuchten den ersten schwarzen Präsidenten der Geschichte zu verhindern. Natürlich nicht, weil er schwarz war, sondern weil er ein Kommunist war. Was natürlich nicht stimmte. All diese Herren haben jeden Tag millionenfach gehörte Talk-Radio-Shows im Amerikanischen AM-Radio und abends ihre Prime-Time-TV-Shows. Erreichen ein Millionenpublikum. Dabei hat ihre Art der Informationsvermittlung nichts, aber auch gar nichts, mit der Art zu tun, wie hierzulande Journalismus gemacht wird.

Auch wenn sich Fox News als „Fair & Balanced“ bezeichnet – was hier vorgesetzt wird, ist einseitig, konservativ, christlich und republikanisch. Da werden politische Gegner in den Shows niedergebrüllt, es wird der Präsident als Lügner bezeichnet – das ist noch das Harmloseste. Und das Nonstop, 24/7.

Nach Obamas Wahl gründete sich die Tea Party. Das erste Anzeichen, dass diese Politik, denn nichts anderes machen die Sender und ihre Stars, Früchte trug. Die Bewegung wurde zum mächtigen Gegenspieler in der Republikanischen Partei. Trieb diese zeitweise regelrecht vor sich her. Diese Aktivisten hielten sich nicht an das politische Spiel, nicht an Parteiregeln. Und das kam an bei den Leuten. Heute sehen wir wohin das führen kann. Denn auch Trump ist von diesem Schlag.

2012 verschärfte sich der Ton erneut. Als ich einen fünfwöchigen Roadtrip unternahm, hörte ich täglich, wie Sean Hannity von der wichtigsten Wahl seines Lebens sprach. Die Trailer und Teaser seines Programms: ganz unverhohlen ein Aufruf Obama zu stürzen – also abzuwählen. Nur – es gelang nicht. Romney war zu schwach. Obama blieb im Weißen Haus.

Trump? REALLY???

Leider schaffte ich es dieses Jahr nicht aufs Fest und musste den Wahlkampf von zu Hause aus mitverfolgen. Trotzdem schaute ich wieder gespannt hin, was da passierte. Und „endlich“, nach acht Jahren der Manipulation und Beeinflussung ist die Saat der Rechten aufgegangen. Auch wenn sich Glenn Beck von Trump distanzierte und auch die anderen Stars der Szene erst nicht so richtig zu ihm halten wollten – die Fox-Spitzenfrau Megyn Kelly geriet sogar in den Vorwahlen richtig mit dem Chauvinisten aneinander – im Endeffekt ist er ihr Produkt. Ihr feuchtgewordener Populistentraum.  Trump, das tumbe Großmaul, das politische Gegner rauswerfen lässt, das einen Scheiß auf den Rest der Welt gibt, das bis zur Haarspitze ignorant ist und auch noch stolz darauf, er hat es geschafft. Dass die Versprechungen im besten Fall leere Worthülsen bleiben werden? Geschenkt. Dass er Rassismus wieder alltagstauglich gemacht hat und keinen Plan davon, wie er das Land wieder „Great Again“ machen will? Ebenso für seine Wähler egal. Überhaupt ging es nicht um Themen. Es ging um ein Gefühl. Um das Gefühl, das seit Jahren in Fox News und den ganzen rechten und konservativen Nachrichtensendungen geschürt wird. Dass Amerika abgehängt werde. Dass die christlichen Werte, auf denen das Land gegründet wurde, verraten werden. Dass sich der Islam ausbreite. Dass die Regierung auf die Waffen schiele. Und so weiter und so weiter.

Und diese Rhetorik hat verfangen. Das Resultat: Der ungebildete Milliardär bekommt die Schlüssel zum wichtigsten Büro der Welt. Und alle Nuklearcodes. Was könnte auch schief gehen?

Bleibt abzuwarten, ob die ganzen Meinungsmacher und Spindoctors sich nicht vertan haben. Denn schon im Wahlkampf zeigte sich Trump als so beratungsresistent, dass seine Berater reihenweise das vermeintlich sinkende Schiff verließen. Mal sehen, ob die ganzen Hetzer und Aufstachler von Fox News und den zahlreichen anderen „Newsportalen“ die Geister kontrollieren können, die sie riefen.

Jetzt kann er zeigen was er kann. Vier Jahre lang. Ich hab ein bisschen Angst.

Martin Weber
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4 Kommentare

  1. Spannende Analyse aus medienkritischer Sicht. Und wie jede Analyse aus einer Perspektive natürlich mit Lücken. Zumindest spannend wäre es gewesen, welche Rolle soziale Netzwerke im Fall von Trump spielen. Gibt es sowas wie eine Netzwerkanalyse, ob die „etablierten Medienkanäle“ wie FOX überhaupt eine so große Rolle gespielt haben? Wie stark profitiert Trump davon, im Netz eine „Bewegung“ aufgebaut zu haben? Ich war in den Philippinen bei den Wahlen im Mai 2016 und Präsident Duterte hat ebenfalls mit sexistischen, menschenfeindlichen Aussagen die Wahlen gewonnen. Und v.a. dadurch, dass er fanatische Anhänger/innen hatte, die seine Kampagne getragen haben.
    Das DeutschlandRadio hat das zu den Amokläufen von München gemacht, das fand ich sehr spannend: http://dradiowissen.de/beitrag/netzwerkanalyse-zum-amoklauf-von-muenchen
    Und dann lässt natürlich der Fokus auf die Medien auch aus, dass wir trotz öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten auch in Deutschland und anderen europäischen Staaten einen starken Rechtsruck haben. AfD, Front National, UKIP, etc.

  2. Wenn es wäre wie du sagst, dann ist es doch seltsam, dass Trump genau soviele Stimmen bekommt, wie die Republikaner 2012 und 2008.

    Der einizge Unterschied ist, dass Clinton wesentlich weniger Stimmen bekommen hat und du willst sicher nicht behaupten, dass die Medien Stimmung gegen Clinton gemacht haben? Nicht mal Fox News hat sich eindeutig hinter Trump gestellt.

    Es kann also nicht sein was du schreibst, wenn 2008 und 2012 die Medien so deutlich gegen Obama ausgerichtet waren, aber Obama trotzdem mit ca. 6 Mio mehr Stimmen gewonnen hat und der Kandiat der Republikaner diesemal genau soviel Stimmen hat, dann leigt es einzig und allein an der Gegenkandidatin.

    Es ist also nicht so wie alle suggerieren, dass es mehr Rechte geworden sind, sondern die „Linke“ oder Liberalen haben versagt und lassen die Leute alleine.

    Beschimpfen und herabwürdigen des Gegners reicht nicht aus. Es ist doch wie hier, ich würde doch auch niemand wählen nur weil er oder sie besonders toll gegen die AfD hetzt. Ich will konkrete soziale Ziele und Projekte gegen Gewalt. Das kann man aber von Hetzern nicht erwarten. Deshalb wird die AfD hier 30% bekommen und Linke 8%

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