
Off Label Records hat sich zu einem besten Labels für Rock’n’Roll entwickelt. Das war durchaus beabsichtigt, wie Labelboss Johnny im Interview erklärt.
Off Label Records ist im Verlauf der vergangenen Jahre zu einem meiner Lieblingslabels geworden, denn es ist eines der wenigen Labels, bei denen ich blind zugreifen kann und trotzdem nicht enttäuscht werde. Unter all den Veröffentlichungen des Labels, die ich bisher hören durfte, war eigentlich nie etwas dabei, was mir gar nicht gefiel. Johnny Hanke, der das Label betreibt, schafft es trotz einer großen musikalischen Bandbreite der Veröffentlichungen, seinen Platten eine eigene Handschrift zu verpassen. Früher in diesem Jahr ist jetzt eine kleine Werkschau erschienen, die mit ihren 20 bisher unveröffentlichten oder nur schwer erhältlichen Liedern von Künstlern wie Dad Horse Experience, DM Bob & Speedy Jake, Dinosaur Truckers, Jonah Gold and his Silver Apples, Lynx Lynx oder The Vagoos einen schönen Querschnitt über das bisherige Schaffen von Off Label Records liefert. Grund genug, Labelboss Johnny ein paar Fragen zu stellen.
Johnny, Off Label Records ist 2014 fünf Jahre alt geworden. Alles Gute nachträglich zum Geburtstag. Dazu hast ja eine Werkschau veröffentlicht, die kürzlich erst erschienen ist. Warum hat das so lange gedauert und wie bist Du bei der Auswahl der Bands und Songs vorgegangen?
Vielen Dank für die nachträglichen Geburtstagswünsche. Bei der Werkschau wollte ich einfach unveröffentlichte Songs der off label records – Künstler der ersten fünf Jahre rausbringen. Dies gestaltete sich gar nicht mal so leicht, so dass auch „limited-released songs“ (Tape und 7“) herhalten mussten. Dazu kamen Verhandlungen bezüglich der Veröffentlichungsmodalitäten und Vergütung. Ich hatte es mir insgesamt einfacher vorgestellt. Manche Bands und Künstler hatten leider gar keinen Sinn für den Sampler, weshalb nicht alle Mitglieder des Labelroosters der ersten 5 Jahre vertreten sind.
Schon vor fünf Jahren war ein Label gründen kein Zuckerschlecken. Was war der Auslöser sich trotzdem ins Haifischbecken Musikbusiness zu wagen?
Mit zunehmendem Alter und Familiengründung habe ich eine neue und „ruhigere“ musikalische Herausforderung gesucht, also weg vom regelmässigen Auflegen. Auch neue Bandgründungen kamen für mich nicht mehr in Frage. Zu Beginn sollte es ein reines 7“ – Label werden, ein Freund von mir hatte etwas Erfahrung, so dass ich dann einfach losgelegt habe.

Hat der Name Deines Labels, Off Label Records, eine tiefere Bedeutung oder musste einfach kurz vor der ersten Veröffentlichung irgendein Name her?
Es gibt schon eine tiefere Bedeutung. Ich wollte ohne „Schubladen“ auskommen, also signen, was mir gefällt ohne auf gewisse Stilrichtungen achten zu müssen: Also „off label“.
Ein teures Hobby
Ich gehe mal davon aus, dass Du von Deinem Label nicht leben kannst. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ein Label, sofern man es vernünftig machen will, ein großer Zeitfresser ist.Was begeistert Dich am Label machen?
Das Label ist eher ein teures Hobby, gerade wenn man qualitativ gute Platten veröffentlichen möchte. Zwischendurch ist vielleicht mal ein Release dabei, bei dem man aus den roten Zahlen kommt. Die Arbeitszeit darf man aber nicht berechnen.
Es gibt viele Schritte, die mich begeistern: Angefangen vom Entdecken einer Band oder eines Künstlers, dazu kommen Beratung, Konzeption, Netzwerkerei. Es macht weiterhin großen Spaß!
Was mir sehr gut an Off Label Records gefällt ist, dass Dein Rooster einerseits vielfältig, aber trotzdem eine durchgängige Handschrift, ein spezieller Sound erkennbar ist und Du fast nur qualitativ tolle Platten veröffentlichst. Hattest Du spezielle Labels als Vorbild, als Du mit Off Label Records begonnen hast, die einen ähnlichen Ansatz verfolgen wie Du, oder hat sich das im Lauf der Jahre entwickelt?
Direkte Label-Vorbilder hatte ich keine, wobei ich schon Releases von Crypt oder Voodoo Rhythm gesammelt habe. Mein Rooster hat sich aber in jedem Falle auch entwickelt, was natürlich auch mit Bewerbungen der Künstler zusammenhängt. Als Beispiel ist die italienische Blues- und Rootsszene zu nennen, auf die ich jetzt nicht von alleine gekommen wäre.
Die größten Fails
In mittlerweile fast sieben Jahren Labelgeschichte, gab es sicher die eine oder andere Panne wie falsch gedruckte Cover, Fehlpressungen oder ähnliches. Was war der größte Fail?
Da gab es natürlich einige Fails, die im Moment des Entdeckens immer die Schlimmsten sind. Von digitalen Dropouts über mechanische Produktionsgeräusche bis hin zu Schreibfehlern und Fehlern in der Reihenfolge der Songs war alles dabei. Manches konnte noch im letzten Moment behoben werden… Sehr ärgerlich sind auch Schäden an Covers und Platten, die durch den Transport verursacht wurden.
Ich weiß natürlich, dass jede Veröffentlichung wichtig und besonders ist, aber es gibt sicherlich einige Veröffentlichungen, die noch etwas wichtiger oder besonderer waren als die übrigen. Welche sind das?
Richtig ist, dass jedes Release auf seine Art besonders ist, da man es ja sonst nicht machen würde.
„Besonders“ besonders sind zum Beispiel die Releases von THE DAD HORSE EXPERIENCE, da er der erste Künstler meines Labels war, am kommerziell erfolgreichsten waren die Veröffentlichungen von THE DINOSAUR TRUCKERS und MOJO JUJU (AND THE SNAKE OIL MERCHANTS). Live haben mich zuletzt ALEX MAIORANO & THE BLACK TALES umgehauen.
Wie kommst Du an Deine Bands? Suchst Du aktiv nach neuen Bands, wählst Du aus eingesendeten Demos aus oder sprechen Dich Künstler an, die bei Dir veröffentlichen wollen? Und was muss eine Band mitbringen, um bei Off Label records veröffentlichen zu können?
Teilweise komme ich auf kleinen Konzerten auf Bands, teilweise auch im Netz. Es muss sich aber irgendwie ergeben. Inzwischen kommen auch einige Bewerbungen aus aller Welt. Manchmal wundert man sich darüber, wie Künstler auf mein Label aufmerksam werden.
In erster Linie muss mir die Musik natürlich gefallen. Auch eine gewisse Ausrichtung (Blues, Country, Garage, Punk, R’n’R, Roots) kann helfen. Man merkt relativ schnell, ob man auf einen gemeinsamen Nenner kommt.
Welcher Aspekt beim Labelmachen macht Dir am meisten Spaß? Bei mir war es immer der Augenblick, wenn ich die frischgepresste Platte das erste Mal auf den Plattenteller gelegt habe und das Endprodukt dann endlich in den Händen hielt.
Da gibt es meiner Ansicht nach viele schöne Aspekte: Entdeckung, Entwicklung, das fertige Produkt, aber auch Promotion, besonders das Feedback darauf. Ein paar Platten sollte man ja auch verkaufen.
Auf welche Schmankerl aus dem Hause Off Label Records dürfen wir uns in nächster Zeit freuen?
Es kommen zwei wunderbare 7“es von THE STANDALS und THE MOJOBROTHERS. Eine gemeinsame Releaseparty wird es am 03.12.16 in Augsburg geben. Ein neuer Longplayer ist das Debut von GREY CITY PASSENGERS, einer italienischen R’n’R-Band aus Berlin. Unbedingt reinhören! Bald gibt es Neues von LYNX LYNX aus Dortmund und bluesige Töne von LAINO & THE BROKEN SEEDS aus Bologna/Italien.
Die letzten Worte gehören Dir!
Kauft mehr Platten!
PS. Vielen Dank für das Interesse an off label records.
Label: off label records
Label Website: www.offlabelrecords.de
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