
Ich mag Gedichte. Wenn sie gut geschrieben sind, packen sie dich und reißen dich für einen kurzen Moment aus deiner Komfortzone. Für eine Augenblick darfst du die Welt der Dichterin oder des Dichters aus deren Augen sehen, wirst Teil einer merkwürdigen Episode, einer absurden Begegnung oder einer plötzlichen Schwärmerei. Du wirst Zeuge einer wütenden Rauferei, einer hemmungslosen Schimpftirade oder einer Thekenunterhaltung nachts um halb drei. Du liest ganze Lebensgeschichten, Liebesbeichten und manchmal auch scharf formulierte Anklageschriften. Ein gutes Gedicht ist der Punksong unter den Literaturgattungen: Wer etwas wichtiges zu sagen hat, braucht keine langen Sätze.
So wie Marvin Chlada zum Beispiel. Die 40 Gedichte plus Zugabe, die er in “Glam Rock, Bier und Schmuddelfilme” versammelt hat, sind genau das: zu Papier gebrachter Punk. Es wird sich in Spelunken herumgetrieben, zu viel getrunken und geraucht, zu laut Musik gehört und auch mal 700 Mark bei einer Weinprobe versoffen. Dargeboten wird das in kurzen, prägnanten und oft lakonisch daher kommenden Sätzen.
Auch wenn Hank nie sein Gott war und er Weissners Übersetzungen nicht mag, haben mich Marvin Chladas Gedichte in “Glam Rock, Bier und Schmuddelfilme” doch genau an diese erinnert. Vielleicht, weil ich selbst das erste Mal durch Bukowski mit amerikanischer Untergrundliteratur in Berührung kam und erst dann mit dem, was mal als Social Beat bezeichnet wurde und sich bis heute vor allem im UNtergrund abspielt.
Wie auch immer: Mir haben die 41 Gedichte gut gefallen. Ich habe sie gerne gelesen und mehr als einmal ein verschmitztes Grinsen im Gesicht gehabt. Marvin Chlada ist übrigens kein Ersttäter, er hat schon einige Bücher, nicht nur Gedichtbände, veröffentlicht, unter anderem mit dem von mir sehr geschätzten Jerk Götterwind “Lemmy – Eine Hommage”.

Info
Marvin Chlada – Glam Rock, Bier und Schmuddelfilme
Verlag TrikontDuisburg|DialogEdition
ISBN: 978-3-945634-52-3
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