Mitten durch den Kopf #6

Polytox Monatsradar April 2021

Mitten durch den Kopf

Klar, ich könnte auch einfach wieder so loszetern, was im April 2021 so richtig schick daneben lief und was mich in kürzester Zeit nen feinen dicken Hals bekommen lässt, auf den Kermit neidisch wäre, wenn wir gemeinsam in nem vollgeschlickten Teich planschen würden.

Politics Not Dancing

BFGAber dafür habe ich mich viel zu sehr über das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gefreut. Denn das oberste deutsche Gericht teilte der Bundesregierung mit, dass das Klimaschutzgesetz schlicht und ergreifend gar nicht mit den Freiheits- und Grundrechten vereinbar sind. Deshalb muss der Lappen bis Ende 2022 nachgebessert werden, da er die Freiheitsrechte heutiger und zukünftiger Generationen gefährdet. Sicher, das ist längst überfällig, aber wenn ich mir anschaue, wie das fertige Scheißhaus Altmaier weiterhin Pestizid-Exporte unterstützt, von Mitteln, die bei uns nicht mehr erlaubt sind, oder die kaputte Sau Julia Klöckner mit offenen Augen und einem widerlichen Eurotalergrinsen in der Hackfresse Kids zu Zuckerzombies macht, dann bin ich in dem Punkt mit dem Umweltschutz doch recht zufrieden.

Sehr schön zu sehen sein wird, wie sich die Nochregierungs-Parteien CDU und SPD nun Mühe geben wollen, nicht bis 2022 zu warten, sondern das Gesetz noch vor der Bundestagswahl im September einzutüten. Allerdings bin ich da mal gespannt, wie oft sie das nachbessern müssen, um das Minimalziel zu erreichen. Denn einfach mal darüber hinausschießen und mehr angehen, als mindestens gefordert ist, wird sicher nicht passieren. Immerhin muss man die Wirtschaft bei der Stange halten. Also so, wie es die FDP die ganze Zeit schon traditionell verfolgt und in BaWü die Koalition ausschlug, weil sie die Klimaziele der dortigen Grünen nicht mitgehen wollten. Also in dem Land, wo Verbrennungsmotorfan Kretschmann Ministerpräsident der Grünen ist. Vielleicht hören die bisherigen FDP-Wähler mal diesen Knall und kapieren, dass die Partei nichts in irgendeinem Parlament zu suchen hat. Aber gut, über zwei Jahrzehnte völlig irrer Neoliberalismus und eine Globalisierung mit immer neuen Freihandelsabkommen, haben eben nicht nur Jeff Bezos herausgebracht, sondern auch ein Heer an Klonen.

Wie dem auch sei, ich schaue jetzt mit heller Freude der Regierung zu, wie sie versucht ein total tolles neues Klimaschutzgesetz zu entwerfen, von dem sie behaupten werden, dass sie das ja sowieso schon immer wollten. Bei all dem Strampeln gönne ich den Deppen so rein gar nichts! Außer, dass sich im September alle daran erinnern, dass sie nichts mit Klima- und/oder Umweltschutz zu tun haben. Inwiefern das die anderen großen Parteien haben, steht jetzt erstmal auf einem anderen Blatt.

Und bevor ich gleich die Rubrik wechsle: Zu Beginn des Monats musste ich herzlich lachen, als ausgerechnet die USA zum Boykott der Olympischen Spiele 2022 in Peking, wegen Menschenrechtsverletzungen, aufriefen. Na klar,ist das absoluter Bullshit, was die „kommunistische“ Diktatur mit den Uiguren treibt. Doch, dass ausgerechnet sich die USA auf Menschenrechtsverletzungen stützen will, hat schon einen ganz besonderen Humor. Oder wie ist das bspw. mit dem Gefangenenlager in Guantanamo Bay?

Stattdessen unterschreibe ich gleich mal die Onlinepetition von Campact für den Boykott der Fußball-WM 2022 in Katar. Dort sind bis Ende April 6.500 Sklaven gestorben, damit insbesondere Westeuropa nächstes Jahr mal wieder emotionslosen, hirnamputierten und dennoch millionenschweren Sportrobotern beim Kicken zuschauen können. Fickt euch!

No Culture No Hope

Identitätspolitik. Jetzt würde ich echt mal gerne die Reaktionen in den Gesichtern sehen, die das gerade gelesen haben. Das geht bestimmt von Fragezeichen, über ein sich händereibendes Grinsen, bis zu laut aufstöhnendem Seufzen. Die Facetten dazwischen sind unendlich vielfältig, denn es gibt zig Möglichkeiten damit umzugehen oder halt nicht. Ich für meinen Teil bin nach diversen harten Auseinandersetzungen und hanebüchen Bezichtigungen zu Beginn des Jahrtausends ziemlich gefestigt in meiner Betrachtung. Höre mir aber nach wie vor immer wieder gerne neue Diskussionen an, weil ich stets versuche dazuzulernen und zu reflektieren inwiefern mich das jeweilige Thema betrifft. Ich versuche einfach so lange wie möglich nicht aus der Zeit zu fallen.

Jedenfalls finde ich immer wieder die Parallelen zwischen der breiten Masse und der Subkultur so herrlich gartenzaunartig und kleinkariert, dass ich je nach Tageslaune Weinen oder Lachen möchte. Es ist nämlich völlig bums, ob jetzt Soze Wolle Thierse darüber fabuliert oder Sarah-Auferstanden-aus-Ruinen-Wagenknecht. Unterm Strich bekommen die sich nämlich mit ihren Zuhörer:innen wegen der selben Tatsachen in die Haare, wie die Personen, die sich seit Ende 2020 wegen Diana Ringelsieps Artikel mittlerweile im #PunkToo-Kosmos austoben: Die Reinheit des Weines. Sprich es geht nicht nur um die Sichtbarmachung des Themas selbst, sondern auch noch um die des selbsdefinierten Kerns. Wer da nicht den gleichen Standpunkt, Hintergrund, Erfahrung oder Betroffenheit mitbringt, gehört zuerst geteert, dann gefedert und schließlich mit Fackeln und Mistgabeln aus der Bubble gejagt und auf Lebzeiten verbannt. Mindestens.

Wie gesagt, ich finde sowas ziemlich spießig und schaue, dass ich mich in solche Diskussionen gar nicht mehr einbringe. Sobald sich etwas in der Richtung anbahnt, versuche ich mich möglichst unauffällig aus der Szenerie zu verabschieden. Denn idR dauert es nicht lange und es wird ein Haufen Geschirr zerdeppert, möglichst viel schmutzige Wäsche gewaschen und sich zu guter Letzt ohne Handschuhe und Mundschutz gegenseitig die Fresse blutig poliert. Mit voller Hingabe versteht sich. Ein bare knuckle fight par excellence. Zumindest fühlt sich das so für die Personen an, die darin verwickelt sind. Glaube ich. Als Außenstehender sieht das aber eher nach einem unbeholfenen Kratzen, Beißen und von hinten an den Haare ziehen aus. Ich kann solchen vorhersehbaren Lächerlichkeiten nicht mehr abgewinnen als ein Kopfschütteln.

Dabei möchte ich noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass ich das grundsätzliche Auseinandersetzen mit Identitätsthemen überaus wichtig finde! Dass der tragische Tod von George Floyd auch wieder das Thema Rassismus derart deutlich in Schland in den Fokus rückte, ist gut und richtig. Sicher auch ein Grund, weshalb sich in Mannheim ein AK struktureller Rassismus bildete, bei dem sogar die Verwaltung, also die Stadt, mit mehreren Personen aus verschiedenen Bereichen am Tisch sitzt. Ebenso wichtig finde ich die Leute, die Mannheims Kolonialgeschichte aufarbeiten und auch die Engagierten, die sich für jegliche weiteren Bedürfnisse von spezifischen Gruppen von Menschen einsetzen. Aber halt an einem Tisch, auf dem gerne verschiedene Sorten Wein stehen. Dabei spielt es keine Rolle, dass einem nicht alle Rebsorten schmecken. Wichtig ist, dass alle Wein trinken und man schaut wie man weiterhin dafür sorgt, dass das möglich ist. Denn kommt Ungeziefer von außen – das es definitiv gibt –, das die bunte Vielfalt zerstören möchte, macht es deutlich mehr Sinn, nicht alleine zu sein. Diversity rules!

Punk ist das Geilste

Gegen Ende des Jahres finden ja ziemlich sicher wieder Liveshows statt. Hoffentlich auch in engen, heißen, verrauchten und tiptop alkoholgeschwängerten Butzen wie der Alten Hackerei in Karlsruhe. Dort kann man mir dann zu unter anderem auch diesem Song von Shirley Holmes drölf Bier schenken. Es gibt einiges nachzuholen!

Über Vivienne Westwood weiß ich leider viel zu wenig. Halt nur, dass sie mit ihrem Mann Malcolm McLaren (Manager der Sex Pistols und New York Dolls) in London die Modeboutique „Sex“ betrieb, hochoffiziell den Kleidungsstil zum Punk entwarf und sich hin und wieder auch für Tier- und Menschenrechte einsetzt. Hm, insgesamt sollte ich also viel mehr wissen. Na jedenfalls wurde sie am 8. April 80 Jahre und macht es hoffentlich noch eine Weile.

Im Juni wird es ein neues, das vierte selbstbetitelte, Album von Hysterese geben. Wenn ich das richtig verstanden habe, hat Haug die Band verlassen und eine Jana übernimmt jetzt ihren Part. Ob die dann auch mit dem Rücken zum Publikum spielt? Warten wir es ab und auf Bandcamp kann man schonmal in einen ersten Song reinhören.

Ein „Opfer“ der #PunkToo-Thematik ist Nico Reizmann. Er betrieb bis vor kurzem den Online-Blog „Vinylkeks“, den er an welche Redakteur:innen auch immer weitergab, weil er sich in dem ganzen Zirkus völlig verzettelte und ihm dann alles über den Kopf wuchs. Davor veranstaltete er im Süden gelegenen Pforzheim Konzerte, danach ein Booking und ein Label gab es auch irgendwann einmal, glaube ich. Er kommt mir echt vor wie ne Person, die von einer Beziehung in die nächste stolpert und nicht merkt, dass sie mal ne längere Pause machen sollte. Jedenfalls geht es weiter. Dieses Mal mit der Vinyl Manufaktur, wo er fancy Liquid Vinyl herstellt. Glück Auf! mit dem neuen heißen Scheiß der Vinylszene.

Sarah und die Jungs von AKJ sind bekanntlich ne Band. Und die veröffentlichen im August ein neues Album über Kidnap Music – Pascow und so. Darauf freue ich mich jetzt schon sehr und schaue deshalb auch gerne wieder eins ihrer klasse Videos.

Bocky
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