Shopping Queen am Arsch

Girlumne

Frauen können nicht mit Geld umgehen, weil sie alles für Schuhe und Schminke ausgeben, sobald sie welches in die Hände bekommen. Klischees wie diese, treten häufig als „Alt-Männer-Humor“ in Erscheinung und regen mich richtig auf! Denn da wären noch einige andere Gründe, warum am Ende des Geldes oft noch so viel Monat übrig ist.

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Neulich ist es wieder passiert. Wir waren Burger essen und als der Kellner mit der Rechnung kam, signalisierte mein Freund mir mit einer Handbewegung, dass er mit Bezahlen an der Reihe war. Zwinkernd legte der Kellner ihm die Rechnung hin und scherzte: „Ist auch vernünftig, der Frau nicht die Finanzgewalt zu überlassen, sonst gibt sie am Ende noch alles für Schuhe aus.“ Dann stieß er ihm mariobarthmäßig in die Seite, als wolle er sagen: „Kennste? Kennste?“ Wir tauschten einen fassungslosen Blick, bevor mein Freund als erster seine Stimme wiederfand: „Nein, kenn’ ich nicht.“ Unter einem Witzdeckmantel versteckter Alltagssexismus wie dieser regt mich am meisten auf. Wieso sollte ich es auch lustig finden, wenn ein mir vollkommen unbekannter Mensch mutmaßt, dass ich meinem Freund auf der Tasche liege und sein Geld für Schuhe ausgebe – womöglich auch noch für High Heels, in denen ich abends darauf warte, dass er von der Arbeit kommt. Herrgott noch mal! Ich gehe selbst mehr als 40 Stunden die Woche arbeiten, ich bin also durchaus selbst in der Lage, mir einen Burger zu kaufen. Danke.

Lohngleichfrechheit

Nicht, dass ich sonderlich sparsam leben würde. Ich gebe schon gerne Geld für Schallplatten, Kneipenbier, Tattoos, Konzerte und Reisen aus – wie die meisten meiner männlichen Freunde auch. Es ist also weder geschlechtsabhängig, wie viel Geld man verprasst noch wofür. Und letzteres sollte jedem selbst überlassen sein. Wen es im Arbeitsalltag motiviert, sich am Ende des Monats ein neues Paar glitzernder High Heels leisten zu können – der soll sich bitte bei Zalando glücklich kaufen. Was mich tatsächlich ärgert, ist etwas anderes, denn wir Frauen müssen in den meisten Fällen tatsächlich besser mit unserem Geld haushalten als Männer. Das Statistische Bundesamt hat anlässlich des „Equal Pay Day 2016“ bekanntgegeben, dass Frauen in Deutschland noch immer 21 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen in vergleichbaren Positionen verdienen. Je höher die Qualifikation, desto höher das sogenannte „Gender Pay Gap“. Da ist es natürlich praktisch, dass in Deutschland nicht gerne über Geld gesprochen wird, denn wie groß der Lohnunterschied in der eigenen Firma tatsächlich ausfällt, bleibt meist eine wage Vermutung.

Pinke Steuer

Doch das soll sich nun ändern. Nach über einem Jahr Streit hat die Bundesregierung vor wenigen Tagen einen Gesetzentwurf für mehr Transparenz bei Lohnunterschieden zwischen Frauen und Männern auf den Weg gebracht. In Firmen ab 200 Mitarbeitern sollen Frauen künftig Auskunft darüber verlangen können, wie viel ihre männlichen Kollegen in gleicher Position verdienen. Einerseits traurig, dass es im Jahr 2017 tatsächlich noch nötig ist, Zeichen wie diese zu setzen. Andererseits gut, dass das Thema überhaupt diskutiert wird. Doch die Lohnunterschiede sind nicht unser einziges Problem. Für viele Produkte zahlen wir auch schlichtweg mehr als Männer. Das trifft natürlich nicht auf Feierabendbier und Schallplatten zu, doch die Verbraucherzentrale Hamburg hat herausgefunden, dass Frauen für gleichwertige Alltagsprodukte einen Aufschlag von bis zu 200 Prozent in Kauf nehmen müssen. Oft unterscheiden sich ansonsten identische Produkte wie Rasierer bloß durch ihre Farbe, weshalb dieses Phänomen in den USA auch „Pink Tax“ genannt wird. Wie absurd das Ganze wirklich ist, hat Ellen DeGeneres in ihrem legendären Beitrag über den Bic-Kugelschreiber „for her“ auf den Punkt gebracht.

Luxusperioden

Dem Verbraucherschutz in Deutschland sind angeblich die Hände gebunden, da wir uns ja bewusst gegen den pinken und für den günstigeren blauen Rasierer entscheiden könnten. Doch das ist gar nicht so leicht, denn beim Verstecken der besagten Preisunterschiede lassen sich die Hersteller natürlich nicht lumpen. So findet man das identische Gegenstück zum Beispiel nie im selben Verpackungsdesign, was es schwierig macht, das billigere Produkt zu finden. Zudem befinden sich Damen- und Herrenartikel grundsätzlich in verschiedenen Abteilungen und auch die variierenden Stückzahlen innerhalb der Verpackungen machen den Preisvergleich nicht gerade leichter. Leider handelt es sich dabei um kein reines Kosmetik-Problem, selbst Mädchen-Spielzeug ist nachweislich teurer als das für Jungen. Und dann wären da ja auch noch die guten alten Hygieneartikel. Rund 2.000 Euro kostet es eine Frau im Leben, ihre Tage zu haben. Als „Luxus“ dürften es wohl nur die Wenigsten empfinden, einmal monatlich unter Schmerzen zu bluten, dennoch werden Tampons und Binden in vielen Ländern als Luxusgüter besteuert.

Definiere Grundkonsummittel

In Kenia, Kanada, Irland und einigen Staaten der USA wurde die Steuer auf Damen-Hyieneartikel bereits komplett abgeschafft. In Deutschland hingegen werden die vollen 19 Prozent fällig. Und das, obwohl Nahrungs- und Grundkonsummittel, zu denen neben Kartoffeln und Klopapier übrigens auch Hundeleckerlis und Trüffel zählen, hierzulande eigentlich bloß mit 7 Prozent besteuert werden. Im Umkehrschluss bedeutet das folgendes: Jeder muss sich den Arsch abwischen, ob er will oder nicht (Klopapier = 7%) – doch wenn man seine Tage hat, bleibt einem noch immer die Wahl, ob man sich für einen entsprechenden Luxusartikel entscheidet oder stattdessen lieber eine Woche lang mit heruntergelassener Hose auf der Toilette sitzenbleibt (Tampons = 19%). Eins ist jedenfalls klar, dem nächsten Hobby-Mario Barth, der meint, mich beim Abkassieren mit seinen Theorien zum Thema „Frauen und Geld“ behelligen zu müssen, dem habe ich einiges zu erzählen – und zwar bevor ich 21 Prozent von der Rechnung abziehe, um mir davon Tampons kaufen zu gehen.

Mehr über Diana erfahrt ihr auf www.urbanlifestyletrash.com

Diana Ringelsiep
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